Vergiss es

„Hallo, ich würde dich wirklich gerne treffen. Will das unbedingt mal ausprobieren. Mit meiner Freundin geht das nicht. Es würde aber nur heute Abend gehen, weil ich ab morgen im Ausland arbeite.“

„Klar. Wenn du ein Hotel in meiner Stadt im Zentrum buchst, dann ist das heute noch möglich.“

„Cool. Ab wann kannst du?“

„Ab 17 Uhr.“

„Dann schau ich mal nach einem Hotel … ist Hotel xy in Ordnung?“

„Das liegt nicht mehr im Zentrum.“

„Und das hier?“

„Ja, das passt.“

„Okay. Dann buche ich das jetzt. Treffen wir uns dann dort um 17 Uhr?“

„Ja, okay.“

„Wie treffen wir uns?“

„Was meinst du mit wie? Du buchst jetzt das Hotel und schickst mir die Buchungsbestätigung. Dann telefonieren wir. Dann checkst du vor 17 Uhr ein und schickst mir ein Foto von der Schlüsselkarte mit erkennbarer Nummer. Dann stehe ich um 17 Uhr vor der Hotelzimmertür, hinter der du auf mich wartest.“

„Ok. Dann buch ich jetzt.“

10 Minuten später.

„Vergiss es. Ist mir zu kompliziert.“

 

Und wieder mal einen Fakedater auf frischer Tat ertappt.

Ich vermisse es

Ich vermisse es, morgens mein Handy in die Hand zu nehmen und mir Anfragen für den Tag durchzulesen. Mir vorzustellen, wer der Mann am anderen Ende ist und was mit ihm passieren könnte.

Ich vermisse die Telefonate, um alle Details zu besprechen.

Ich vermisse es, mich fertig zu machen, mir etwas Hübsches anzuziehen und mich zu schminken.

Ich vermisse es, mir ein Taxi zu rufen und ins Hotel fahren zu lassen.

Ich vermisse es, durch die Hotellobby zu huschen, vorbei an den neugierigen und gierigen Blicken der Geschäftsmänner.

Ich vermisse es, vor der richtigen Zimmertür zu stehen, zu klopfen und auf die Geräusche im Inneren zu achten.

Ich vermisse es, wie mein Herz klopft, wenn die Tür langsam aufgeht.

Ich vermisse es, wie der Mann vor mir erleichtert ausatmet, wenn er mich sieht, weil ich nicht „so eine“ bin, sondern das nette, hübsche Mädchen von nebenan.

Ich vermisse es, wie ich erleichtert ausatme, wenn er mir ohne zu zögern, das Geld überreicht und wir anfangen können.
Ja, ich vermisse es wirklich!

Du hast ja echt einen tollen Beruf

Es ist nicht mal mittags, als ich durch die volle Innenstadt laufe und das Hotel zusteuere, in dem ich bereits unzählige Male gewesen bin. Heute bin ich mit Herbert verabredet. Herbert, der 53 und Deutsch ist. Das musste er extra betonen. Wir haben am Vorabend telefoniert und ich habe ihm meine Bedingungen genannt. Ich will vorab die Hotelbestätigung und ein Foto der Schlüsselkarte sehen. Ihn stört es, dass ich so misstrauisch bin. Andere Kunden finden das gut, dass ich so vorsichtig bin. Aber er stört sich daran. „Sei nicht so misstrauisch“, hat er mir noch geschrieben, als ich ihn daran erinnert habe, dass er mir noch den Schlüssel mit der Zimmernummer schicken soll. Ich war kurz davor, das alles wieder abzusagen. Aber er hat das Zimmer bereits gebucht und ich habe ihm 100 mal versichert, dass ich auch wirklich da sein werde, weil er nun selbst misstrauisch geworden ist und immerhin eine Stunde Anfahrt hat. Da muss ich jetzt also durch.

Zur Mittagszeit ist das Hotel nicht sehr voll und man trifft auf den Fluren die Reinigungskräfte. Im Sommer stand noch immer die Nebentür auf, durch die ich mich dann geschlichen und die Treppen genommen habe. Aber im Winter ist sie zu. Ich gehe selbstbewusst durch die Lobby, sage der Frau an der Rezeption freundlich hallo und betrete dann den Aufzug. Hier komme ich ohne Schlüsselkarte nach oben. Ich finde sein Zimmer auf Anhieb und klopfe. Ich höre, wie jemand zur Tür kommt und öffnet.

Herbert steht vor mir und sieht nicht aus wie 53. Er wirkt älter. Aber ja, er ist deutsch. Er hat einen riesigen Bierbauch und trägt eine Brille, die seine Augen gruselig vergrößern. Er steht vor mir und stellt sich vor. Die Stimmung ist komisch, aber so lange er nicht stinkt oder meine Grenzen überschreitet, ist alles gut. Er sagt, dass er sich freut, dass es geklappt hat und will sofort anfangen. Ich soll mich schon mal aufs Bett legen. Ich frage ihn nach dem Finanziellen. Er holt aus seiner Jackentasche die Scheine hervor, zeigt sie mir und steckt sie sofort wieder ein. Ob er sie mir nicht geben will, frage ich. „Ja, aber keine Spielchen, ja? Wir fisten jetzt, ok?“, sagt er und es wird langsam unangenehm. Ich nicke und er gibt mir das Geld. Er beobachtet mich, wo genau ich es in meinen Rucksack stecke und packe dann das Spielzeug aus, was ich mitgebracht habe.

Auch Herbert ist einer dieser Männer, die schon lange davon träumen, mal eine Frau zu fisten und sich diesen Traum nun erfüllen. Seine Hände sind klein, aber speckig. Er ist so ungeschickt wie der Kunde von vor einer Woche und wieder muss ich ihn zurückhalten. „Ja, gib mir gerne Anweisungen. Ich mache alles, was dir gefällt“, sagt er plötzlich in seiner Pornostimme. Ich gebe ihm die Anweisungen und komme. „Du hast da ja einen tollen Job“, sagt er und ich frage wieso er das denkt. „Na, du hast ja auch was davon. Du bekommst Geld und hast sogar einen Orgasmus“, erklärt er mir und ich zucke mit den Schultern. Es wäre auch ziemlich blöd, wenn ich auf genau diese Spielart nicht stehen würde, denn dann würde sie mir nichts als Schmerzen bereiten.

Ich schiele auf die Uhr und es sind vielleicht 20 Minuten vergangen. Ich kann jetzt unmöglich gehen. Er will weitermachen, aber ich bin kurz nach dem Höhepunkt sehr empfindlich und fordere eine Pause ein, die ich nutzen soll, um ihn zu befriedigen. Ich erwarte einen unangenehmen Geruch, als er seine Unterhose runterzieht, aber der bleibt aus. Er ist sehr gepflegt. Er will währenddessen bei mir weitermachen, doch in dem Winkel geht das nicht und er soll sich wieder zwischen meine Beine knien. Entweder oder. Ich werde langsam wund und merke, dass er erst aufhören wird, wenn er mich zu einem weiteren Orgasmus gebracht hat. Also täusche ich vor, sehr glaubwürdig und bleibe regungslos liegen. „Du hast echt einen tollen Job“, sagt er noch einmal.

Ich bringe ihn zum Kommen und wir beide bleiben liegen. Er fragt, ob das mein einziger Job ist, den ich habe und ich erzähle ihm, dass ich studiere. Im Gegenzug frage ich, was er macht. Er war mal Unternehmer und ist jetzt Privatier. Und hauptberuflich Vater. Alleinerziehend. Plötzlich ändert sich mein Bild von ihm. Ein verheirateter Mann ohne Kinder ist eine größere Bedrohung, weil er weniger zu verlieren hat, als ein Mann mit Kindern, die noch zur Schule gehen. Und falls er irgendeine Straftat vorhätte, wären seine Kinder alleine. Das würde er ja nicht riskieren.

Und daher sage ich ja, als er fragt, ob er mich noch mal kontaktieren darf für ein weiteres Treffen.

Termine in der Nacht 2.0

Ich liege im Bett eines sehr hübschen und sehr netten Mannes. Es ist unser 3. Date und daher findet es bei ihm Zuhause statt. Ja, so ein richtiges Date. Ohne Bezahlung. Auch wenn es ganz sicher nicht auf etwas „Richtiges“ hinauslaufen wird.

Er streichelt mich und ich schiele auf die Uhr. Es ist bereits nach 1 Uhr und kalt draußen. Er fragt, ob ich über Nacht bleiben will oder nach Hause fahren möchte. Ich überlege gar nicht lange. Ich habe weder eine Zahnbürste noch mein Abschminkzeug dabei und reibe mir bereits jetzt sämtliche Mascara immer wieder aus dem Auge. Meine Haut macht gerade eine schwierige Phase durch und ist zickig. Ein Tag ohne Salizylsäure auf den Problemstellen verzeiht sie mir nicht. Und Oropax habe ich auch nicht dabei. Ich schätze ihn als ruhigen Schläfer ein, aber trotzdem. Ich mag es nicht, bei anderen Leuten zu schlafen, wenn ich nicht darauf vorbereitet bin.

Außerdem hat mich Matthias vorhin angefragt. Er ist in der Stadt und will mich sehen. Er ist wieder im gleichen Hotel wie damals. Das am Flughafen. Ich überlege hin und her. Bin immer wieder kurz davor, ihm abzusagen und denke dann „aber wenn das mit dem Typen nicht klappt und ich nach einer Stunde gehen will, ärgere ich mich am Ende“. Ich frage ihn, wie lange ich mich melden kann. Er schreibt, dass er flexibel ist. Ob nach 1 Uhr auch noch geht. Ja, das geht.

Mein Date fragt mich, ob ich die Busfahrzeiten checken will und ich brauche mein Handy dazu. Er sitzt vor mir und grinst mich an, während ich Matthias frage, ob es jetzt auch noch geht. Ich finde einen Bus in 40 Minuten, was mein Date nervös macht. Er muss morgen früh raus, weil er Uni hat. Ihm wäre es wahrscheinlich lieber gewesen, wenn wir einfach eingeschlafen wären.

Ich beschließe ein Taxi zu nehmen und gehe nach draußen. Es regnet. Stark. Da das nicht angekündigt war, habe ich keinen Schirm dabei. Kurz überlege ich, doch noch mal hoch zu gehen und bei ihm zu bleiben, aber dann schreibt mir Matthias. „Komm direkt her“

Ich habe ihm geschrieben, dass ich noch in der Stadt bin und von hier aus fahren könnte. Das würde sowieso schneller gehen. Aber Spielzeug kann ich dann nicht mitbringen. Seine Antworten dauern, weswegen ich doch schon mal zur Haltestelle laufe. Ich sehe, dass der Bus in 10 Minuten kommt. So lange hat Matthias Zeit, sich zu überlegen, ob er mir mein doppeltes Honorar zahlen will, was ich für den einstündigen Besuch nehmen würde. Plus Taxikosten in Höhe von 110€. Er zahlt mir dann das, was meine Mitbewohnerin als Kellnerin im Monat bekommt. „Ist ok“, antwortet er.

Ich rufe ein Taxi und signalisiere dem Busfahrer, dass er weiterfahren kann. Der Taxifahrer kommt und ich frage, wie teuer es zum Flughafen ist. Ich habe nämlich nur noch 60 Euro in bar dabei. Er antwortet 50, aber meint gleichzeitig, dass ich angegeben habe, dass ich woanders hin will. Nein. Das ist falsch. Ich kontrolliere die Adresse noch mal, gebe sie bei google maps ein und komme immer wieder in dem Stadtteil raus, den mir der Taxifahrer gerade genannt hat. Aber da ist das Hotel nicht. Ich rufe Matthias an. Mit meiner Privatnummer. Mein Arbeitshandy habe ich natürlich nicht dabei. Aber ich schätze ihn als harmlos ein. Daher sollte das okay sein. Er meldet sich verwundert und erst nach dem 10. Klingeln, was mich etwas nervös gemacht hat. Ich frage ihn, in welchem Hotel er tatsächlich ist und es ist das am Flughafen. Er hat mir einfach nur eine falsche Adresse gegeben, weil das Hotel eine Kette ist und mehrere Niederlassungen hat. Das Gespräch muss für den Taxifahrer sehr eindeutig gewesen sein.

„Hey, hier ist … A. In welchem Hotel bist du noch mal? Ah, das am Flughafen? Das vom letzten Mal? Ok. Du hast mir nämlich eine falsche Adresse gegeben. Ja. Ich bin jetzt unterwegs. Ok. Bis gleich.“

20 Sekunden später ruft er mich zurück. Fragt, wie lange wir noch brauchen, denn er ist gerade auf dem Weg, um Geld zu holen. So viel hat er natürlich nicht dabei. Seine Stimme ist laut und deutlich. Natürlich hat auch das der Taxifahrer gehört. Auch, dass ich schon mal reingehen soll und dann vor der Zimmertür warte.

Wir kommen an. Es ist inzwischen 2.30 Uhr. Ich gebe dem Taxifahrer ein großzügiges Trinkgeld, damit er nicht auf die Idee kommt, sich über mich zu ärgern und mir hinterher zu schnüffeln. Von anderen Frauen habe ich schon gehört, dass sich die Taxifahrer bei ihnen melden, weil er ja ihren Namen, ihre Handynummer und die Adresse kennt, wenn man über Apps wie mytaxi bzw freenow bucht. Sie würden sie dann bei Facebook stalken und vor ihren Freunden und der Familie outen, wenn sie ihm keine Gratisnummer anbietet. Dieser Taxifahrer kennt nur meine Handynummer, denn ich gebe nirgendwo im Internet meinen richtigen Namen an.

Ich marschiere selbstbewusst durch die Lobby, gehe an ein paar Piloten vorbei, die auf ihren nächsten Flug warten und laufe zum Aufzug. Ich war bereits hier, weswegen ich mich etwas auskenne. Im Aufzug atme ich trotzdem erleichtert durch, als ich sehe, dass ich keine Schlüsselkarte brauche. Ich fahre hoch in den 6. Stock und checke noch einmal, an welche Zimmertür ich klopfen muss. Ich finde sie und klopfe einmal deutlich. Keiner reagiert. Wahrscheinlich ist er noch unterwegs. Ich rufe vorsichtshalber an, falls er eingeschlafen ist und er sagt, dass er gerade wieder zurückgekommen ist. 5 Minuten stehe ich vor der Tür und bin tiefenentspannt. Bei Matthias habe ich ein gutes Gefühl. Wieso sollte er mich zu einem falschen Hotel locken?

Ich höre, wie der Aufzug in der Etage hält und sehe einen großen Mann in einem weißen Hoodie und einer hellen Jogginghose auf mich zukommen. Schon von weitem ruft er mir „hey“ zu. Er schließt auf und ich trete ein. Er schaut mich an und mustert mich hoffentlich nicht zu sehr. Ich bin seit vielen Stunden unterwegs. Mein Make-Up ist verschmiert, meinen Eyeliner konnte ich gerade noch so retten und am liebsten würde ich meine Mütze aufbehalten, weil mein Ansatz sicherlich fettig geworden ist, nachdem mich mein Date immer wieder mit seinen flutschigen Fingern angefasst hat. Und weil ich vorhin auf dem Weihnachtsmarkt gewesen bin, riecht alles nach Rauch durch die ganzen Feuerstellen, an denen ich stand. Unschlüssig stehe ich im Zimmer, während Matthias einen Schluck von seinem Cuba Libre nimmt und sich auf das Bett legt.

„Ich gehe noch mal duschen“, sage ich und ziehe mich im Badezimmer aus, um schnell unter das heiße Wasser zu springen. Mit einem Handtuch bekleidet, komme ich wieder heraus und lege mich zu ihm aufs Bett. Er ist stürmisch, will gleichzeitig kuscheln, knutschen, fummeln, einen HJ, BJ und keine Ahnung was. Nach einer halben Stunde kommt er und wäscht sich schnell im Bad ab, bevor er dann wieder ins Bett geht. Wieder stehe ich blöd in der Gegend herum. War es das jetzt? Ich bin vielleicht mal seit 40 Minuten hier, wovon ich mindestens 10 geduscht und herumgestanden habe.

„Also…jetzt mal ehrlich und ohne irgendwie böse zu sein. Aber das ist doch total unverhältnismäßig oder? Also ich gönn es dir, aber das ist doch total banane oder?“, sagt er auf einmal und spielt auf das hohe Honorar an, was er mir gerade für 30 Minuten bezahlt hat. Andere machen für das Geld einen Kurzurlaub. Er bestellt sich für eine halbe Stunde ein Escort aufs Zimmer, weil er da eben Bock drauf hat und unbedingt will. Ich lache nur. Sage, dass das ja seine Entscheidung war und versuche mir ein Taxi zu bestellen. Es ist inzwischen 3.30 Uhr und die App sagt mir, dass erst eins in 30 Minuten kommen wird. Matthias sagt, dass ich gerne hier warten kann, während er schon mal schläft. Er muss morgen früh raus. Dann fragt er mich, ob ich auch mal irgendwo übernachte, wenn es so spät wird. Schließlich ist das doch total blöd, nachts dann noch nach Hause zu fahren. Aber für mich macht das keinen Sinn. Entweder ich bin jetzt noch eine halbe Stunde unterwegs und kann dann ins Bett fallen und ausschlafen. Oder ich verlasse morgens mit ihm das Hotel in aller Frühe, habe vielleicht 4 Stunden geschlafen, mich nicht richtig abgeschminkt, fühle mich eklig und bin dann den ganzen Tag müde, weil ich nach 8 Uhr auch nicht noch mal schlafen gehe.

Ich suche noch einmal nach einem Taxi und nach dem 2. Suchdurchlauf findet sich doch ein Fahrer, der bald da sein wird. Matthias sagt mir im Halbschlaf, dass er bald noch regelmäßiger in meiner Gegend sein wird und hofft, dass es beim nächsten Mal wieder klappt. Ich mache überall das Licht aus und schließe die Tür leise hinter mir, als der Fahrer nur noch 2 Minuten entfernt ist.

Gerade als ich in die Lobby komme, sehe ich, dass das Taxi bereits in der Einfahrt steht. Der Fahrer ist ausgestiegen und war gerade auf den Weg zur Rezeption. Zum Glück konnte ich ihn noch abfangen. Was hätte er auch sagen sollen? „Können Sie Frau Fantasienamen anklingeln und ihr sagen, dass das Taxi da ist?“ Wohl eher nicht.

Der Fahrer ist ein älterer Herr Ende 50. Er fängt immer wieder Smalltalk an und ich antworte höflich, aber knapp. Ich bin zu müde, um zu reden. Wir sind da und er fragt mich, wieso ich denn so früh raus muss. Ich antworte mit einem lang gezogenem „tjaaaa“ und gebe ihm ein großzügiges Trinkgeld. Um 4.30 Uhr falle ich endlich, gründlich abgeschminkt, in mein warmes Bett und schlafe sofort ein.

Wortkarg und ungeschickt

Es gibt da diese Kunden, die schon lange einen speziellen Wunsch haben. Einen Wunsch, den nicht viele Frauen erfüllen können, weswegen ich sehr viele Anfragen für diese eine Praktik bekomme und zwar Fisting.

„Ich habe schon immer mal davon geträumt. Aber bisher habe ich keine Frau dafür gefunden!“, steht dann meistens in den Nachrichten.

Gefolgt von: „Viele Frauen bieten das an. Aber dann ist meist nach vier Fingern Schluss. Geht das bei dir wirklich?“

Ja, das geht wirklich. Die Männer sind neugierig, interessiert und wollen entweder lange schreiben oder mich treffen.

Natürlich schenke ich nur denen Aufmerksamkeit bei denen schon in der ersten Nachricht hervorgeht, dass sie an einem konkreten Date interessiert sind. Die, die bereits ein Hotel, einen Termin und möglichen Ausweichtermin in Aussicht haben.

 

Und dann kommt es zum Treffen. Sowie mit Sasha.

Sasha ist irgendwas Anfang 40, sieht durchschnittlich aus, ist wahrscheinlich verheiratet oder vergeben. Ich habe ihn bereits vor Monaten das erste Mal unter meinen Profilbesuchern entdeckt, dann wieder und wieder. Bis er mir endlich geschrieben hat. Er ist bald in meiner Stadt und möchte mich treffen. Ich stimme zu. Irgendwann abends nach 22 Uhr. Er ist in einem Hotel in meiner Nähe, daher geht das.

Wir telefonieren und Sasha bringt kaum ein Wort heraus. Ich schaue mir sein Profil an. Norddeutscher. Verstehe. Die reden wirklich nicht viel. Das ist mir bereits aufgefallen und verunsichert mich manchmal. Aber Sasha ist weiterhin interessiert. Schickt mir seine Hotelbestätigung und seine Zimmernummer.

Ich frage ihn am Nachmittag, ob er sich lieber in der Lobby mit mir treffen möchte oder ob ich direkt auf sein Zimmer kommen soll. Er schreibt, dass er nach unten kommt. Ist mir meistens nicht so recht. Blöde Blicke und die Gefahr, dass er mich sieht und sofort wieder umdreht. Aber er wünscht es so.

 

Ich bin für den Abend noch verabredet und dränge meine Mitbewohnerin, dass sie sich beeilen soll, damit wir endlich den Film gucken können. Der Film ist vorbei und mir bleiben noch 45 Minuten bis zum Date. Ich habe bereits am frühen Abend ausgiebig geduscht und mich frisch rasiert. Ich muss mich also nur noch kurz waschen, umziehen und vielleicht mein Make-Up ein wenig auffrischen. Als ich fertig bin, ist es 22.22 Uhr und um 22.30 Uhr soll ich am 12 Minuten entfernten Hotel stehen.

„Vielleicht kommst du doch direkt nach oben?“, schreibt Sasha, als ich schreibe, dass ich 10 Minuten länger brauche. Ja, das ist eh viel besser.

Als ich in die schicke Einfahrt des gar nicht mal so schicken 4-Sterne Hotels biege und auf den Eingang zulaufe, sehe ich einen Mann davor stehen, der mich neugierig mustert. Wartet Sasha doch unten? Ich schaue ihm direkt ins Gesicht und erkenne, dass er knapp zehn Jahre zu jung ist und laufe schnell weiter. Falls er es doch ist, wird er sich bemerkbar machen.

Die Lobby ist voll und vor mir steht ein Ehepaar, das sich wohl nicht entscheiden kann, ob es noch etwas trinken gehen will oder doch hoch aufs Zimmer fährt. Ich bin zum Glück schon mal hier gewesen und kann zielstrebig den Fahrstuhl ansteuern.

Manche Kunden sind so nett und verraten mir direkt, wie ich laufen muss. Wie ich unbemerkt und ohne Aufmerksamkeit zu erhaschen, zu den Aufzügen und dann so schnell wie möglich in sein Zimmer komme. Sasha hat das nicht gemacht, denn Sasha ist sehr wortkarg.

Ich fahre mit dem Fahrstuhl hoch und bleibe verwirrt im 3. Stock stehen. Er hat das letzte Zimmer der Zahlenreihe, weswegen es auf einem anderen Gang liegt. Aber ich finde es und klopfe.

Es tut sich nichts und ich schaue noch einmal auf mein Handy. Wartet er doch draußen? Oder hat mich mal wieder jemand verarscht? Dieses Mal hatte ich gar keine Zeit, um mir darüber Gedanken zu machen. Sollte sich das dieses Mal rächen?

Nein. Die Tür geht auf und Sasha steht vor mir.

 

„Hi“, sagt er. Mehr nicht. Ich trete ein und er zeigt auf einen Stuhl, wo ich meine Sachen ablegen kann. Er holt das Geld aus seiner Hosentasche und überreicht es mir mit zittrigen Fingern.

„Bist du aufgeregt?“, frage ich und er nickt.

„Es ist das erste Mal, dass ich so etwas mache“, verrät er mir. Ich denke sofort daran, dass ich so etwas noch nie gemacht habe und eigentlich auch mal auf meine Liste schreiben müsste: Abends im Hotelzimmer auf unbekannten Männerbesuch warten. Eigentlich ziemlich aufregend.

Sofort steht er vor mir und will mich küssen. Bloß keine Zeit verschwenden. Er zieht sich selber dabei aus und ich ziehe mich aus, bis wir auf dem Bett landen.

Er fängt an, mich zu lecken und dann will er das tun, wovon er schon so lange geträumt hat.
Ich bin total überrumpelt und überhaupt nicht feucht, trotzdem spüre ich, dass er versucht drei Finger gleichzeitig in mich zu schieben. Gar nicht mal so angenehm, wenn man trocken und noch total gereizt von der Rasur ist.

„Wenn du weitermachen willst, musst du Gleitgel benutzen“, sage ich und er nickt, lässt aber nicht von mir los.

„Dafür müsste ich kurz an meine Tasche“, sage ich und schiebe ihn weg. Ich gebe ihm das Gleitgel und verteilt es großzügig auf seiner Hand. Nur da.

Wenn ich will, dass etwas wirklich flutscht und gleitet, verteile ich es doch auf dem Ziel und auf dem Gegenstand, der rein soll oder nicht?

Sasha denkt irgendwie nicht so und versucht es weiter. Er ist ungeschickt, er ist viel zu schnell und er denkt nicht nach. Denkt nicht daran, dass die Vagina nichts anderes als ein Muskel ist, der auch seine Zeit braucht, um warm zu werden.

Ich denke an die Dates, die ich am nächsten Tag habe. Eigentlich nur an ein Date. An ein privates und dass wir Großes vorhaben. Im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn Sasha so weitermacht, wird das aber nichts. Denn ich bin dann wund und habe keine Lust.

 

Also leite ich ihn an. Verweise auf das Spielzeug, was ich mitgebracht habe. Das soll er zuerst benutzen. Damit kann er mir nicht wehtun. Dachte ich.

Sasha ist ungeschickt und viel zu hastig. Er entschuldigt sich. Er hat sowas vorher noch nie gemacht und weiß nicht, wie das geht. Ich habe viele Dinge auch noch nicht getan, aber wenn mich eine sexuelle Praktik interessiert und die Möglichkeit habe, die bald auszuprobieren, schaue ich mir doch Pornos dazu an. Oder nicht? Damit ich es nicht total verkacke.

Er hat es scheinbar nicht getan, bleibt weiterhin ungeschickt, bis ich ihn darauf hinweise, dass er das alles total falsch macht und es extrem weh tut. Also das, was er da veranstaltet. Er entschuldigt sich wieder und macht mit seiner Zunge weiter.

Ich entspanne mich ein wenig und denke daran, dass er gerade einen Haufen Geld bezahlt hat, um seine Fantasie auszuleben. Ich muss ihm die also irgendwie erfüllen und leite ihn an. Zeige ihm, wie er die Hand halten soll, in welchem Winkel er reingleitet und wie sie am besten sitzt, damit es nicht unangenehm ist.

Und was soll ich sagen? Er hat es geschafft. Er hat es gut gemacht und ich bin 4-mal gekommen.

Danach strahlt er mich an.

„Es kommt also auf die richtige Technik an“, sagt er und legt sich neben mich, damit ich ihn nun auch zum kommen bringen kann, was innerhalb von 5 Sekunden passiert, weil ihn das Ganze so angeturnt hat.

 

Es folgt der After Sex Talk, der bei den meisten sehr ausführlich ausfällt. Bei ihm nicht. Denn er ist nach wie vor sehr wortkarg. Ich gehe duschen und ziehe mich an. Sasha hilft mir nicht mal in meine Jacke, was mir erst auffällt, weil er es eben nicht macht und andere immer. Er reicht mir auch nicht das Spielzeug oder wäscht es ab, während ich mit anziehen beschäftigt bin. Sehr seltsam.

Glück im Unglück

„Wird es dieses Jahr noch etwas mit einem Treffen?“, lese ich auf meinem Zweithandy.

Es ist ein Kunde, den ich bereits vor ein paar Wochen getroffen habe. Ich scrolle im Chatverlauf hoch und sehe, dass er einen zweiten Versuch schon einmal gewagt hat, aber zu dem Zeitpunkt gab es keine freien Hotels mehr in meiner Stadt. Ich wollte ihm entgegen kommen und habe die nächste größere Stadt vorgeschlagen, aber auf meinen Vorschlag hat er einfach nicht mehr geantwortet.

Wäre das ein privater Kontakt, wäre ich da ziemlich sauer geworden. Schließlich versuche ich ihm entgegen zu kommen und er würdigt es einfach mit schweigen.

Bei ihm habe ich mir aber gedacht, dass seine Frau wahrscheinlich gerade über seine Schultern geschaut hat und er den Chat schnell wieder löschen musste. Was auch immer.

 

Dieser Kunde schreibt nun wieder und ich antworte, dass es ganz bei ihm liegt und wann er das nächste Mal in der Nähe ist. Schließlich wohnt er knapp 350 km entfernt und muss die Anreise planen. Er schlägt direkt den nächsten Tag vor und sucht nach einem Hotel. Ich suche ebenfalls und mir wird angezeigt, dass so gut wie alles ausgebucht ist und die Restzimmer ab 200 Euro kosten. Aber wahrscheinlich nutzt er Seiten mit anderen Kontingenten und findet etwas.

Ich bin am nächsten Tag bereits verabredet, um auf den Weihnachtsmarkt zu gehen. Da dies aber unter der Woche keine abendfüllende Beschäftigung ist, sage ich ihm für 21 Uhr zu.

„Ist das nicht etwas spät?“, fragt er und ich gehe runter auf 20 Uhr. Aber keinesfalls früher.

Er antwortet nicht. Stunden später erhalte ich dann aber die Bestätigung, dass er das Hotel gebucht hat und dass 21 Uhr vollkommen in Ordnung ist, ich aber Bescheid geben soll, wenn es früher wird.

 

Ich plane direkt nach dem Weihnachtsmarkt in sein Hotel zu gehen, da es ungefähr 2 Minuten zu Fuß von dort aus entfernt liegt. Daher bereite ich mich vorher schon vor. Dusche, rasiere mich ausgiebig, schminke mich stärker als sonst für einen Weihnachtsmarktbesuch und trage schöne Unterwäsche unter meinem schönen Kleid und dem dicken Pullover. Ich verzichte auf eine Mütze, damit meine Haare nicht platt werden und habe in meiner klitzekleinen Tasche noch ein paar Kondome und Gleitgel untergebracht. Wenn ich dann fertig bin, kann ich schnell ins Hotel laufen und mich dort noch mal kurz frisch machen.

 

Ich treffe mich mit einer Freundin, esse und trinke und wundere mich, warum mein Magen nach nur zwei Glühwein schon so verrückt spielt. Ich habe Bauchschmerzen und hoffe, dass es sich wieder legt. Als meine Freundin einen Kommilitonen trifft und kurz mit ihm spricht, schaue ich auf mein Handy. Beim letzten Mal hat er mir bereits am Nachmittag geschrieben, dass er unterwegs ist und gleich eincheckt. Heute hat er sich noch gar nicht gemeldet. Ich bekomme ein schlechtes Gefühl und schreibe ihm, dass es früher werden könnte, denn es regnet und wir beide haben eigentlich keine Lust mehr auf Weihnachtsmarkt. Es kommt aber keine Reaktion.

Als wir den Glühwein ausgetrunken haben und meine Freundin die Gläser wegbringt, nutze ich die Gelegenheit erneut und schaue auf mein Handy. Aber nichts. Ich schicke die Frage hinterher, wann er denn im Hotel sei und erhalte eine Antwort.

„Es wird nichts bei mir. Suche seit 45 Minuten nach einem Parkplatz. Bin genervt“

Ungläubig starre ich auf mein Handy. Ist das sein Ernst? Er tippt weiter, aber die Antwort will ich nicht abwarten und frage nur „wie?“

Die Antwort wird gelöscht und stattdessen erscheint lediglich ein „sorry“ auf meinem Bildschirm.

Ja, sorry du mich auch. Ich habe einem anderen Kunden abgesagt, weil ich ihn bis heute eigentlich für einen recht zuverlässigen Kunden hielt, aber da habe ich mich wohl getäuscht.

 

Die Freundin will nach Hause und ich versuche den anderen Kunden zu erreichen, doch der hat gerade besseres zu tun. Als ich sie an der Bushaltestelle verabschiede, entdecke ich eine Nachricht von einem Bekannten, der fragt, ob ich auf den Weihnachtsmarkt gehen will. Ich stimme zu und trinke noch einen weiteren Glühwein. Mein Bauch tut weh und ich gehe nach Hause, nur um dann 10 Minuten später festzustellen, dass ich gerade meine Tage bekommen habe.

 

Erleichtert sitze ich auf dem Klo und bin froh darüber, dass der Kunde abgesagt hat, denn das wäre sicherlich sehr unangenehm geworden. Klar, es gibt Softtampons usw. aber er hat eine Spielart gebucht, die damit nicht machbar ist und auf die ich komplett verzichte, wenn ich eben … unpässlich bin.

Gar nicht mal so angenehm

Es ist superkalt draußen und als ich nach einem kleinen Spaziergang wieder nach Hause komme, ziehe ich mir schnell meine flauschige Jogginghose an, föhne meine kalten Beine wieder warm und kuschele mich mit meinem Tee unter meine dicke Bettdecke. Ich schaue ein paar Folgen meiner neuen Serie und sehe nebenbei, dass das LED-Licht meines Handys blinkt. Neugierig werfe ich einen Blick darauf und kann sehen, dass ich eine neue Anfrage habe.

„Hallo, ich sehe gerade, dass du online bist und dachte, ich versuch mein Glück mal, auch wenn es schon sehr spät ist. Ich bin gerade in mein Hotel gekommen und mir ist ein bisschen langweilig, daher dachte ich mir, dass ich den Abend mit einer schönen Stunde mit dir ausklingen lasse. Ich habe deine Bedingungen gelesen, akzeptiere sie und sende dir, falls du Zeit und Lust hast, gerne die Hotelbestätigung sowie meine Zimmernummer. Wir können außerdem gerne telefonieren. Deine Vorlieben teile ich zwar nicht ganz, aber deine Bilder haben mich sehr angesprochen.“

Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Es ist bereits kurz nach 22 Uhr. Er würde mich gerne um 23.30 Uhr treffen. Früher würde ich es sowieso nicht schaffen. Ich überlege noch einmal. Eigentlich ist es wirklich schon spät. Aber ich wurde heute direkt zweimal versetzt und könnte den Kunden daher gut gebrauchen. Ich bin noch geschminkt und müsste nur schnell unter die Dusche und mich noch einmal anziehen. Das Hotel befindet sich in der Innenstadt. Eigentlich nehme ich dafür keine Fahrtkosten, weil es zu Fuß innerhalb von 15 Minuten erreichbar ist. Es ist aber noch immer sehr kalt und ich könnte mich nicht noch einmal zu einem Spaziergang in der Kälte überreden lassen.

„Lust und Zeit hätte ich grundsätzlich schon. Aber da es so furchtbar kalt ist, würde ich nur noch kommen, wenn du die Taxikosten übernimmst.“

Er stimmt zu, wir telefonieren und er klingt sympathisch. Er schickt mir gleich darauf Hotelbestätigung und Zimmernummer und ich steige unter die Dusche und ziehe mich noch einmal an. Ich bestelle mir ein Taxi und schreibe ihm, dass ich unterwegs bin. Die Nachricht liest er sofort. Dieses Mal habe ich ein durchgängig gutes Gefühl.

Das Taxi hält, ich zahle, steige aus und laufe erst durch die eine Tür und bleibe dann vor der zweiten stehen. Sie geht nicht auf. Verwirrt starre ich auf das Schild: „Nachteingang. Bitte nach 0 Uhr klingeln oder Zimmerkarte benutzen.“ Mist. Es ist noch nicht mal 0 Uhr. Ich hole mein Handy hervor und tippe „ich komme nicht rein“ ein und schicke die Nachricht dem Kunden. Er liest sie sofort, doch dann gebe ich Entwarnung. Ein anderer Hotelgast, der gerade draußen war, um eine zu rauchen, steht nun ebenfalls mit mir im Vorraum. Er hat seine Zimmerkarte dabei und ich husche mit ihm in die Lobby. Schnell eile ich zum Fahrstuhl, bin froh, dass der andere Gast von seinen Kollegen aufgehalten wird und bin nun allein im Aufzug. Ich kenne das Hotel und weiß, dass ich keine Karte benötige, um zu den Zimmern zu kommen. Aber vielleicht ist das nachts ja anders. Aber es ist zum Glück nicht anders, ich fahre nach oben und stehe nun vor seinem Zimmer.

Ich klopfe und innerhalb einer Sekunde öffnet er mir die Tür. Er guckt mich mit großen Augen an. Ich kann nicht abschätzen, ob er gut findet, was er sieht oder nicht. Er könnte aufgeregt wirken oder total desinteressiert.

„Hallo erstmal. Hat alles gut geklappt?“, fragt er und ich will die Augen verdrehen. Ich stand gerade vor verschlossener Tür. So gut hat es ja scheinbar nicht geklappt, aber ich bleibe freundlich. Er fragt, ob er mir irgendwas abnehmen kann, noch bevor ich überhaupt meine Tasche abgelegt habe. Ich reiche ihm meinen Mantel und meinen Schal und er starrt mich weiterhin an. Mit so einem irren Blick, als ob er mich gleich entweder auffressen oder rausschmeißen will. „Du siehst wirklich toll aus“, sagt er. Okay. Auffressen also.

Der Kunde ist Ende 30 und sieht aus wie diese typischen Hipster-Daddys. Die, die in Start-Ups arbeiten und gleichzeitig eine Familie haben. Die nur Bio einkaufen und zu allen immer super korrekt und freundlich sind. Er fragt mich alle 2 Sekunden, ob alles gut ist und stürzt sich dann direkt auf mich. Normalerweise verbringt man die ersten 10 Minuten mit einem ruhigen Gespräch und fängt nicht direkt mit knutschen und fummeln an. Aber ich kann mir schon vorstellen, wie er die letzten zwei Stunden verbracht hat. Wahrscheinlich mit seiner Hand in der Hose, während er sich meine Bilder auf dem Handy angeschaut hat. Natürlich ist man da dann etwas stürmischer als die Dame, die gerade mit dem Taxi ins Hotel bestellt wurde und sich jetzt erstmal ein wenig aufwärmen muss.

Erst bin ich ihm zu zurückhaltend und als es zur Sache geht, bin ich plötzlich doch zu stürmisch. Vielleicht hätte er besser doch nicht nur auf die Bilder, sondern mehr auf die Vorlieben achten sollen. Er streichelt, kuschelt, küsst und berührt nur ganz sanft. Ich verspüre erst so richtig Lust, wenn es etwas härter zugeht, also spiele ich ihm was vor. Die ungeschickten Berührungen mit der Fingerspitze an meinem Kitzler? Wow! Der Wahnsinn! Das lieblose Fingern ohne eindringen, was so gar nichts in mir auslöst? Ich komme gleich! Ob das gut so ist? Ja, natürlich. Der Oberhammer!

Es zeigt Wirkung und er wird hart. Aber mein Griff ist zu fest, meine Handbewegungen zu schnell. Selbst der Blowjob, der von allen immer so gelobt wird, ist ihm nicht sanft genug. Es scheint einfach nicht zu passen und wir hören auf.

Wir plaudern, er fummelt, ich stöhne und er wird doch noch mal hart. Er greift nach den Kondomen und drückt mir eins in die Hand, während er über mir „hängt“. Ich kann mir keine schlechtere Position vorstellen, um ein Kondom überzurollen und so wundert es mich nicht, dass es nicht klappt und er daraufhin wieder weich wird.

Wir lassen es endgültig, ich ziehe mich an und laufe nach Hause. Das war irgendwie so gar nicht angenehm.

Wieso bist du so vorsichtig?

Ich habe eine Date-Anfrage von einem Mann Anfang 40. Die Nachricht ist gut. Es steht drin, wer er ist, was er gerne machen möchte, wo er mich treffen will und wann. Alle Informationen, die ich benötige in einer Nachricht. Perfekt.

Ich frage nach der Hotelbestätigung, um sicher zu gehen, dass er kein Tastenwichser ist und sich nur einen Scherz mit mir erlaubt. Er schickt sie mir. Sein Name und seine Adresse hat er geschwärzt, was natürlich kein Problem für mich ist. Denn diese Angaben benötige ich nur, wenn er einen Hausbesuch möchte. Bucht er dagegen ein Hotel, kann er gerne anonym bleiben.

Wir telefonieren und er klingt sympathisch. Als ich auflege, habe ich ein gutes Gefühl und denke, dass er es ernst meint. Trotzdem schleichen sich wenig später Zweifel ein. Das Hotel ist etwas außerhalb. Ich müsste auf jeden Fall erstmal selbst für die Anfahrt aufkommen. Viele Frauen nehmen dafür eine Anzahlung, aber ich weiß, dass die meisten Männer dann abspringen, was ich auch verstehen kann. Es gibt genug Frauen, die das ausnutzen, die Anzahlung einbehalten, aber nicht zum Date kommen. Aber das will ich nicht riskieren und habe jetzt ein schlechtes Gefühl.

Was ist, wenn er irgendwo im Hotel sitzt und sich dann einen ablacht, weil ich gerade Zeit und Geld verschwendet habe, um zu ihm zu fahren? Ich habe schon öfters von angeblichen Kunden gehört, die der Dame ein Hotel und eine Zimmernummer sagen und dann zufällig im gleichen Moment durch den Flur laufen, wenn sie sich angekündigt hat. Einfach nur, um ein Escort mal aus der Nähe zu betrachten. Wenn sie ihn dann anruft und fragt, wo er ist, drückt er sie weg und blockiert sie anschließend. Was soll auch schon passieren? Seinen Namen kennt sie ja nicht. Seine richtige Zimmernummer auch nicht.

Um das zu vermeiden, lasse ich mir immer einen Beweis zukommen lassen, damit ich auch weiß, dass er wirklich in einem der Zimmer dort ist. Ein Foto von der Zimmernummer an der Tür reicht da natürlich nicht. Das kann ja jeder machen, der im gleichen Stockwerk wohnt. Ein Foto vom Schlüssel, auf dem die Zimmernummer steht, geht da schon besser. Wenn es nur leere Chipkarten gibt, stecken diese meistens immer in einer Papphülle, auf die schriftlich die Nummer eingetragen wurde. Auch das nehme ich gerne als Beweis an.

Andere Frauen lassen sich nur die Zimmernummer geben und rufen dann an der Rezeption an, um sich mit dem Gast auf diesem Zimmer verbinden zu lassen. Da ich aber nicht gerne mit Fremden telefoniere und immer irgendwie die Befürchtung habe, dass man mich fragen könnte, mit wem genau ich denn sprechen will, lasse ich das lieber sein. Außerdem ist der Kunde meist nur in einem sehr kleinen Zeitfenster vorher in seinem Zimmer und ein Foto seines Schlüssels kann er jederzeit machen. Auch wenn er gerade in einem Restaurant sitzt.

Der Kunde hat mir also ein Foto von seiner Zimmerkarte gemacht und mir geschrieben, dass er sich in die Lobby setzt und auf mich warten wird. Ich bestelle mir ein Taxi und schicke ihm unterwegs noch eine Nachricht, dass ich nun unterwegs bin und eine auffällige Tasche bei mir habe. Ich weiß schließlich nicht, wie voll die Lobby ist und will nicht zuerst mehrere Männer ansprechen und sie fragen, ob wir verabredet sind. Aber er ist nicht online. Er liest die Nachricht nicht. Der Taxifahrer hält an jeder roten Ampel und als wir nach zehn Minuten da sind, hat er die Nachricht immer noch nicht gelesen. Ich bezahle, steige aus und schaue durch die großen Fenster in die Lobby des Hotels. Da stehen, wie beschrieben, Sessel rechts neben dem Eingang. Aber einen Mann kann ich nicht entdecken, auf den die Beschreibung passt. Nur eine Frau mit kinnlangen Haaren. Denke ich zumindest. Ich will nicht so genau hingucken, aber mir trotzdem sehr sicher sein, dass ich ihn direkt finde, wenn ich gleich in die Lobby marschiere. Ich will es auf jeden Fall vermeiden, dass ein Mitarbeiter mich abfängt und fragt, ob er mir helfen kann.

Also krame ich mein Handy hervor und wähle seine Nummer. Ich beobachte die Leute in der Lobby. Es klingelt und keiner schaut auf sein Handy. Wurde ich gerade doch verarscht? Und das obwohl ich so gute Vorsichtsmaßnahmen getroffen habe? Ein Mann im Anzug bewegt sich und schaut auf sein Handy. Ich versuche Blickkontakt aufzunehmen, doch dann läuft er auf wen anders zu. Dann steht die angebliche Frau auf und guckt raus. Hält sein Handy hoch und deutet auf mich. Es ist gar keine Frau. Es ist einfach nur ein sehr jung aussehender Mann mit längeren Haaren. Ich lege auf und gehe durch den Eingang.

„Sorry. Mein Handy ist kaputt und ich habe gar nicht mehr rauf geschaut“, entschuldigt er sich und zeigt auf sein dunkles Display, das nicht mehr reagiert. Er guckt mich an. Immer wieder. Und fragt dann, ob wir nach oben gehen wollen. Das schlechte Gefühl ist noch nicht ganz weg. Erst, wenn er mir das Geld übergeben hat, fange ich an, mich zu entspannen. Es kann ja schließlich immer noch sein, dass er sich irgendeine Ausrede überlegt und plötzlich kein Geld mehr hat. Oder dass er ein Scheinkunde ist und zwei Polizeibeamte gleich in seiner Suite stehen, um eine Kontrolle durchzuführen. Als angemeldete Sexarbeiterin muss man da keine Befürchtungen haben, das Geld für die Fahrt und den Verdienstausfall bekommt man natürlich trotzdem nicht zurück. Und ich habe extra wem anders abgesagt.

Aber so kommt es nicht. Wir kommen in seinem Zimmer an. Die Nummer stimmt und als erstes überreicht er mir mein Honorar und das Taxigeld. Er ist ein angenehmer Kunde, alles läuft gut und obwohl ich mich eigentlich immer auf mein Gefühl verlassen kann, hat es heute einfach nicht Recht gehabt.

Klare Verhältnisse

Heute Morgen hatte ich eine Anfrage von Max im Postfach. Der Max, den ich vor nicht mal drei Wochen getroffen habe und bei dem ich zwei Stunden länger geblieben bin, ohne dass er dafür bezahlt hat. Einfach, weil es gut war. Ich habe nicht damit gerechnet, dass er mich je wieder kontaktieren wird, denn eigentlich wohnt er einige hundert Kilometer entfernt. Aber er ist wieder da und hat mich angefragt, weil es letztes Mal so geil war. Und weil er gemerkt hat, dass es mir auch gefallen hat, möchte er wissen, ob ich ihm mit dem Preis entgegen kommen kann.

Ich überlege. Eigentlich sind diese Kunden für mich dann sofort raus. Aber hätte ich Max privat getroffen und er mir geschrieben, dass er nächste Woche wieder da ist und mich sehen will, hätte ich mich gefreut. Sehr sogar. Er versucht nicht, es komplett umsonst zu bekommen, sondern nur etwas günstiger. Ich denke an die vielen Orgasmen, die er mir beschert hat und dass ich die Zeit mit ihm sicherlich mehr genießen würde, als mit einem Kunden, der zwar das volle Honorar zahlt, aber mich am Ende unbefriedigt zurücklässt und sage zu.

Das Honorar, das in seinem Fall sehr klein ausfällt, weil ich bestimmt eh wieder länger als eine Stunde bleibe, ist auch eigentlich nur noch symbolisch und dient dazu, das Treffen klar zu definieren. Auf beiden Seiten ist klar, dass es ein Sextreffen ist und es absolut diskret bleiben muss, weil er sich in einer Beziehung befindet.

Finde ich wesentlich angenehmer, als all die vergebenen Männer, die auf diversen Datingseiten unterwegs sind und versuchen kostenlos an so etwas zu kommen, obwohl jeden Abend eine Frau in ihrem Bett auf sie wartet. Der anderen Frau machen sie dann falsche Hoffnungen, lügen sie an, vertrösten sie immer wieder, nur weil sie zu stolz sind, um für ihren Kick außerhalb der Beziehung zu bezahlen. Denn sie sind ja attraktive Männer, die nicht für Sex bezahlen müssen. Stattdessen verbiegen sie sich, versuchen Zeit zu finden, wo eigentlich keine ist und rauben nicht nur sich selbst, sondern auch der anderen Frau den letzten Nerv.

Wieso nicht also einfach ein paar Scheine in die Hand nehmen und einer Frau geben, die ganz genau über ihn und seine Verhältnisse Bescheid weiß, trotzdem mit ihm schläft und nicht auf die Idee kommen würde, ihm mitten in der Nacht eine „ich würde dich gerne sehen“-Nachricht zu schreiben. Denn wozu auch? Er ist ja nur ein Kunde, der sich schon melden wird, wenn er Zeit und Lust hat.

 

Max denkt so, ist sich nicht zu stolz und beschert mir nächste Woche hoffentlich genau so viele Orgasmen wie beim letzten Mal.

 

Wer bezahlt denn so viel?

Als ich vor ein paar Wochen bei meinen Eltern war, habe ich meine Anzeige meinem aktuellen Standort angepasst. Mache ich sonst nicht, weil ich Angst habe, dass unter meinen Kunden der Vater einer ehemaligen Klassenkameradin sein könnte oder mein Bankberater zu Schülerzeiten. Oder mein ehemaliger Lehrer. Aber ich war neugierig. Meine Eltern wohnen ländlich und die nächstgrößere Stadt ist nicht unbedingt für seine reichen Einwohner bekannt. Von anderen Escorts weiß ich, dass der Stundenpreis dort deutlich unter dem liegt, den ich verlange. Der liegt deutschlandweit im Durchschnitt. Hier aber deutlich über dem Durchschnitt.

 

Weniger verwunderlich war es also, als ich Nachrichten mit „hahaha wer zahlt denn so viel für eine Stunde?“ im Postfach hatte.

Normalerweise lasse ich mich auf solche Diskussionen gar nicht ein, aber an diesem Abend hatte ich Zeit. Der Herr, Anfang 20, „Deutscher“ wie er selbst betont und schlank gebaut. Ich habe dann gerne mal das Bild von dem typischen Hartz 4 Empfänger im Kopf, den man aus Nachmittagssendungen auf RTL kennt. Groß, dünn, schlacksig, irgendwie schmuddelig und hat mit 16 das erste Kind mit der 15-jährigen Freundin bekommen. Seit neuestem hat er sich einen fancy Lippenbart stehen lassen und er trägt grundsätzlich immer viel zu große Klamotten, die stets ungewaschen riechen, weil sie nicht richtig getrocknet worden sind. Um das Klischee zu vervollständigen, hat er einen englischen Namen, obwohl seine gesamte Familie weder in England noch in den USA war.

 

„Dustin“ lacht also und fragt sich, wer denn so viel bezahlt. Ich nehme mir die Zeit und erkläre ihm, dass es ziemlich viele Männer gibt, die diese Summe gerne bezahlen.

„Hahaha aber die könnten doch einfach in den Puff gehen. Die bekommen die schönsten Weiber für 50€. Und die haben auch noch voll viel Erfahrung. Wieso sollte ich für dich das dreifache bezahlen, obwohl du das nur nebenbei machst?“

„Die Männer bezahlen so viel, weil ich das nur nebenbei mache. Die wollen nicht der 10. Kunde am Tag sein, sondern der Einzige. Außerdem besuche ich nur Zuhause oder im Hotel. Da kommen also Fahrtkosten auf mich zu.“

„Hahaha aber ich bin nicht besuchbar. Dann muss ich also extra noch ein Hotel buchen? Übernimmst du die Kosten dafür dann wenigstens oder kann ich das vom Stundenlohn abziehen?“

„Die übernimmst du dann natürlich.“

„Hahahaha aber dann geh ich doch lieber in den Puff und muss nicht extra ein Hotel buchen. Da geh ich schnell nach der Arbeit hin und fertig.“

„Wo die Frauen in den meisten Fällen nicht mal freiwillig im Land sind und sich auch nicht mit dir unterhalten können. Günstige Preise zeigen ja meist, dass etwas nicht stimmt. Schau dir Eier aus Bodenhaltung an. Da kauft man ja auch die teuren Eier aus Freilandhaltung, weil man weiß, dass es den Hühnern besser geht. Außerdem soll ein Treffen mit mir etwas Besonderes sein, was man nicht mal eben nach der Arbeit macht. Das plant man länger im Voraus und freut sich darauf. Wie auf das Frühstücksei am Sonntag.“

„Ich hab meine eigenen Hühner, keine Ahnung. Aber was machst du denn so außergewöhnliches, dass sie dir so viel Geld geben? Siehst du sehr geil aus?“

„Nichts. Ich bin das normale Mädchen von nebenan. Ich habe nicht mal einen perfekten Körper, mache weder anal, noch schlucke ich. Aber ich beherrsche die Sprache, die meine Kunden sprechen, studiere und die Männer wissen, dass sie sich mit mir unterhalten können.“

„Was? Und dann bezahlen die so viel? Wieso?“

Dustin scheint nicht sehr schlau zu sein. Also versuche ich es, ihm zu erklären.

„Die Männer buchen mich nicht nur eine halbe Stunde wie die meisten Männer im Puff. Wenn mich ein Kunde bucht, dann meist über mehrere Stunden. Das können dann für einen Abend also schon mal bis zu 800€ werden. Sie wollen mit mir Essen gehen, den Sex genießen, auch über mehrere Runden und einfach eine schöne Zeit verbringen. Wenn sie nach Hause gehen, wollen sie nicht das Gefühl haben, dass sie eine Frau dafür bezahlt haben, mit ihnen Sex zu haben, sondern sich mit dem Geld einfach nur erkenntlich zeigen, dass ich ihnen gerade meine Zeit geschenkt habe.“

„800€! Wenn ich so viel für einen Abend bezahlen würde, hätte ich ja gar nichts mehr!“

„Naja, diese Männer juckt der Betrag weniger. Das sind schon Besserverdiener in hohen Positionen.“

„Achsooo hahahaha jetzt wird mir einiges klar.“

Ich bezweifle, dass Dustin etwas klar geworden ist, aber ich habe es zumindest versucht.

Dustin gehört zu den „Billigkunden“, die im Vorfeld ewig wegen dem Preis rumdiskutieren wollen, 20 Minuten vereinbaren möchten und mich am Ende beleidigen, weil ich ja nur auf das Geld aus bin und mir das gar keinen Spaß macht. Sie gehen dann in den Puff, weil die Frauen da viel geiler aussehen und viel mehr Erfahrung haben und sie wirklich das bekommen, was sie im Porno sehen inklusive Fake-Gestöhne und „Süßer“-Kosenamen. Dass die Frauen dort erst recht nur auf das Geld aus sind, können sie sich ja gar nicht vorstellen. Schließlich kommt da so ein junger, schlanker, deutscher Bursche und rammelt sie mal mehr als 2 Sekunden. Das können sie doch nur geil finden. Dass das in den seltensten Fällen freiwillig passiert und die Frauen alle aus Not und nicht aus Geilheit handeln, können die sich natürlich nicht vorstellen. Und dann sitzen sie abends vor ihrem Laptop und schreiben in irgendein Forum, dass es ihnen heute gelungen ist nur 35 Euro statt 40 für 20 Minuten Sex zu bezahlen.

Glückwunsch Dustin. Du bist wirklich ein Held.