Du bist zu schade dafür

Ich liege noch im Bett, als ich auf mein Handy sehe und entdecke, dass mich vor ein paar Minuten eine Nachricht erreicht hat. Von Sven. Sven ist Anfang 40 und wohnt in der gleichen Stadt. Er würde das gerne einmal ausprobieren, was ich anbiete. Die Nachricht ist kurz, aber es steht alles drin, was ich wissen muss. Also nehme ich sie ernst. Wir vereinbaren eine Telefonat und Sven klingt nett. Ein schlechtes Gefühl meldet sich nicht, weswegen ich mich wenig später auf den Weg mache.

Sven wohnt mit einer Frau zusammen. Doch die ist nicht da. Dafür ihre Schuhe. Die Gleichen, die ich auch habe.

Sven ist nervös. Er zittert und redet wild durcheinander. Er hat so etwas noch nie gemacht. Er übergibt mir das Geld und wir fangen an. Er entspannt und findet das alles ganz toll. Findet mich toll. Fühlt sich wohl mit mir.

Irgendwann ziehen wir uns wieder an. Er will wissen, was ich sonst so mache. Stellt fest, dass ich ja recht intelligent bin und dass ich ja auch mit anderen Sachen Geld verdienen könnte. „Du bist zu schade für das hier“, sagt er und bereut seine Wortwahl schnell wieder, als er meine Reaktion auf seine Worte sieht.

Wieso sollte sich eine Frau auch zu schade für das hier sein? Für etwas, was sie sich selber ausgesucht hat? Manche stehen für das gleiche Geld 20 Stunden im Monat hinter der Theke. Ich treffe mich 2 Stunden mit einem Fremden, der am Ende um meine Sicherheit und geistige Gesundheit besorgt ist. Kann schlimmer sein, als sich von Betrunkenen beschimpfen zu lassen, oder?

„Ich bin eben laufen“

Aktuell bin ich bei meinen Eltern. Hier habe ich in den letzten Jahren ein paar Stammkunden angesammelt, die sich, sobald ich erstmal wieder weg bin, immer wieder schreiben, um zu fragen, wann ich wieder da bin. Ein seltsames Phänomen, was ich in letzter Zeit immer häufiger beobachten konnte. Wenn ich sage, dass ich in der Nähe bin, haben sie kein Interesse. Aber sobald ich weg bin, wollen sie mich treffen. Am besten sofort. Man will immer nur das, was man nicht bekommen kann.

Tom zählt inzwischen auch dazu. Früher haben wir nur geschrieben. Er hat Hunderte von Euro für Videos von mir ausgegeben und dann hat er sich endlich getraut und mich getroffen. Seitdem fragt Tom fast wöchentlich nach, wann ich wieder da bin. Jetzt bin ich wieder da und ein Treffen stand an.

Meine Eltern wohnen in einem Haus am Rande einer Kleinstadt. Um uns herum sind nur noch Felder und Wälder. Ich gehe täglich raus, um im Wald laufen zu gehen. Das kann man hier schließlich ganz gut. Sobald ich mir im Flur meine Schuhe anziehe, kommt meine Mutter neugierig aus dem Wohnzimmer angelaufen und will wissen, wohin ich gehe. „Ich gehe laufen“, ist dann meistens meine Antwort. Eine Antwort, mit der sie sich zufrieden gibt. Macht man halt. Sieht auch danach aus, wenn ich Sportsachen und Laufschuhe trage.

Tom schreibt mir, dass er unterwegs ist. In einer halben Stunde ist er da. Eigentlich wollten wir zu ihm fahren. Uneigentlich will er aber nicht den eigentlichen Preis zahlen, weil er knapp bei Kasse ist, daher habe ich eingewilligt, dass wir uns im Auto vergnügen. Das geht schnell zwischendurch und beansprucht nicht ganz so viel Zeit. Das ist in Ordnung. Hier auf dem Land kann man eh überall hin. Zu ihm hätten wir mindestens eine halbe Stunde gebraucht. Also gehe ich schnell duschen und mich rasieren. Nur um dann wieder meine Sportklamotten anzuziehen. Unauffällig etwas Make-Up auftragen, Augenbrauen nachziehen und das wars. Perfekter no Make-Up Look für die Eltern, die wissen wollen, wo man hingeht. „Ich geh laufen.“ Sieht man doch.

Ich schnüre meine Laufschuhe zu, habe die Taschen meiner Sportjacke mit Gleitgel und Kondomen vollgestopft und gehe los. Eine halbe Stunde bin ich zu Fuß unterwegs, als ich Tom in seinem Auto an der Straße stehen sehe. Ich öffne die Beifahrertür und steige ein. Er trägt einen grauen Hoodie und ebenfalls eine Sporthose. Tom ist eigentlich verheiratet. Anhand der Einkaufstüten und Schuhen, die im Auto liegen, kann ich mir vorstellen, wie sie aussieht. Klein und zierlich. Brünett oder blond. Kleines, graues Mäuschen, das in einer Bank arbeitet. So ziemlich genau das Gegenteil von mir. Aber es läuft nicht gut. Als wir auf der Rückbank sitzen, sucht Tom immer mehr Nähe. Will nicht nur die „geilen, versauten“ Sachen machen, die er in den Videos gesehen hat, sondern mich küssen, streicheln und lange umarmen.

Irgendwann sind wir fertig. Er fragt, was ich heute noch machen werde. „Laufen gehen.“ Auch wenn es gleich dunkel wird. „Und du?“ „Ich habe gesagt, ich gehe ins Gym.“

Ich wollte es mir nicht verscherzen

Es gibt da diese Kunden. Die, die denken, dass sie mit Geld alles kaufen könnten. Teure Autos, teure Uhren, Frauen. Die, die sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass der Kunde König ist. Die, die Escorts ohne ein Wort zu sagen, versetzen. Weil sie keinen Parkplatz gefunden haben. Weil die Ehefrau noch Butter vom Supermarkt brauchte. Weil der Kumpel angerufen hat und gerne Fußball gucken wollte. Da wird gar nicht daran gedacht, dass sich das Escort den Termin extra freigehalten hat und mindestens eine Stunde vor dem Treffen oder früher mit der Vorbereitung anfängt. Mit dem Rasieren, dem Schminken und dem Anziehen.

Da wird Wochen später einfach ein „sorry. Mir ist was dazwischen gekommen. Aber heute hätte ich Zeit. Du auch?“ geschrieben und gehofft, dass sie noch einmal anspringt. Schließlich hat er ja Geld und sie braucht das Geld. Und wenn die halt nicht will, dann sucht man sich schnell eine Neue. Gibt ja genug.

Und dann gibt es da die anderen Kunden. Die, die sich vorher sehr genau überlegen, wen sie buchen wollen. Die, die von einem Termin zum nächsten hetzen und zwischendurch trotzdem die Zeit finden, Bescheid zu sagen, dass es wenige Minuten später wird. Die, die sich aufrichtig dafür entschuldigen, wenn sie den Termin doch nicht einhalten können und sofort eine Alternative vorschlagen und eine kleine Entschädigung schicken. Die, die alles dafür tun, dass der Termin doch noch irgendwie zu Stande kommt, weil sie Angst haben, dass das Escort bei einer Absage nicht dazu bereit ist, ihn irgendwann doch treffen zu wollen.

Matthias gehört zum Glück zu letzterem. Matthias habe ich bereits ein paar Mal getroffen. Er hat sich lange Gedanken dazu gemacht, wie die Frau sein soll, mit der er ab und zu ein paar Stunden verbringt. Matthias hat ein gut laufendes Unternehmen und arbeitet rund um die Uhr. Immer wenn er in meiner Nähe ist, sagt er Bescheid. Er hat viel zu tun und wenig Zeit. Ein Treffen hat er trotzdem noch nie platzen lassen. „Ich wollte es mir nicht verscherzen“, hat er mir erklärt, als ich für eine knappe Stunde zu ihm ins Hotel komme. Den Aufpreis hat er gerne bezahlt. „Kriegen wir schon hin“, sagt er immer, wenn die Taxikosten mal höher ausfallen oder ich um 1 Uhr nicht mehr bereit bin, meinen normalen Stundensatz zu verlangen. Hauptsache wir sehen uns.

Letztens war es dann wieder so weit. Dank Corona gab es lange kein Treffen mehr. Jetzt ist er wieder öfters in meiner Gegend. Er hat morgens angefragt und eigentlich hatte ich für den Abend ein lockeres, privates Date ausgemacht. Aber vielleicht könnte ich ja beides irgendwie hinbekommen. Ich war fertig gemacht, bereit mich mit dem Mann zu treffen, der mir nur schrieb, dass er jetzt zuhause losgelaufen sei. In meine Richtung. Kein konkreter Treffpunkt, keine genaue Uhrzeit, wann ich da sein soll. So etwas hasse ich ja. Ich saß auf meinem Bett und habe gewartet. Darauf, dass er mir schreibt, wann er ungefähr da sein wird. Es kam keine Antwort. Nicht 5 Minuten später. Auch nicht 15 Minuten später. Ich war genervt und sauer. Schrieb ihm, dass mir das jetzt zu blöd wäre und er das vergessen könnte. Sofort hat er geantwortet. Er telefoniert gerade mit seiner Mutter. Ich habe weiter gewartet. Insgesamt eine Stunde saß ich auf heißen Kohlen, bis ich mich zurück in mein Bett gelegt habe, um meine Serie weiter zu gucken.

„Und wenn ich jetzt am Treffpunkt bin und auf dich warte?“, hat er mir geschrieben. „Dann hast du Pech gehabt. Ich kenne es so, dass man einen genauen Treffpunkt und eine genaue Uhrzeit ausmacht. Und mich nicht eine Stunde lang dumm rum sitzen lässt.“ Er schickt mir ein Foto von seinem enttäuschten Gesicht. Puh. Von seinem äußerst hübschen Gesicht. Aber ich muss stark bleiben. Matthias hat sich nämlich gemeldet. Er will mich schließlich unbedingt treffen und hat seine Geschäftstermine so gelegt, dass wir uns noch sehen können. Er nennt mir das Hotel, in das er gleich eincheckt und die Uhrzeit, in der ich da sein soll. Denn ohne ihn komme ich nicht zu den Zimmern. Das ist nämlich eins von den guten, teuren Hotels. Er wählt immer nur die schicken Sachen, wenn er irgendwo übernachtet. Also lasse ich den hübschen Kerl sitzen (mit dem ich btw eine Woche später ein gutes, erstes Date habe), setze mich ins Taxi und fahre zum Hotel. Matthias steht bereits da und beäugt mich kritisch. Er hat sein Gepäck an der Rezeption verstaut und gesagt, dass eine Mitarbeiterin von ihm gleich kommt, weil er noch Meetings auf seinem Zimmer hat. Corona und so. Er schaut auf meine nackten Beine. Ich trage ein knielanges Kleid mit flachen Lederboots. Ein geblümtes Kleid mit Lederjacke. Ich sehe weder nach hoch bezahltem Escort, noch nach Mitarbeiterin seines Unternehmens aus. Ich sehe eigentlich ziemlich normal aus. Das Kleid ist nicht mal eng. Scheint er auch so zu sehen und führt mich rein.

Er ist zufrieden mit dem Hotelzimmer und entschuldigt sich dafür, dass alles so stressig war. Er hat viel zu tun und muss noch viel arbeiten. Aber er wollte sich das mit mir auch nicht verscherzen. Guter Kunde. Sag ich doch. Er geht duschen, führt noch ein geschäftliches Telefonat, während ich auf dem weichen Bett sitze und warte. Bis er fertig ist. Wir verbringen knapp eine Stunde miteinander und ich ziehe mir gerade die Schuhe an, als das Hotelzimmertelefon klingelt. Er steht gerade im Badezimmer und erzählt mir nebenbei irgendwas. Über die Arbeit. Über seine Kunden. Keine Ahnung. „Das Telefon klingelt. Das Hoteltelefon!“, sage ich zum dritten Mal. Nun etwas lauter. Schnell setzt er seine Geschäftsmannstimme auf und geht dran. „Ja, Sie dürfen Frau xy nach oben schicken. Ich erwarte sie“, sagt er und kommt hektisch in meine Richtung. „Du musst jetzt wirklich gehen“, sagt er und kichert, weil er sich überhaupt nicht auf das Meeting vorbereitet hat. Schließlich hatte er ja etwas anderes zu tun. Ich werfe mir die Jacke über, bestelle mir über mein Handy ein Taxi und laufe schnell zum Aufzug, damit die Mitarbeiterin von ihm, die jetzt auf dem Weg ist, nicht mitbekommt, aus welchem Zimmer ich gerade komme. Ohne entdeckt zu werden, steige ich in den Fahrstuhl und komme im Erdgeschoss wieder auf. Eine Frau steht vor mir. Sie mustert mich kritisch. Starrt auf meine nackten Beine. Es ist Matthias Mitarbeiterin. Puh. Das war knapp.

Zufrieden fahre ich wieder nach Hause und widme mich dem hübschen Kerl, der mir weiterhin Fotos von seinem enttäuschten Gesicht schickt. Ist doch schließlich blöd, dass wir beide ohne kuscheln jetzt einschlafen müssen. Wenn der wüsste …

„Stehst du sonst eigentlich auf Frauen?“

„Stehst du sonst eigentlich auf Frauen?“, fragt mich Heiko.

Heiko. Ein Kunde, den ich nun zum 3. Mal besuche. Ein schwieriger Kunde. Gerade erst getrennt. Erzählt andauernd von seiner bösen Ex-Freundin, die ihm den „Sohnemann“ weggenommen hat und ganz weit weg gezogen ist. Heiko, der feilschen will, weil er es gerade doch so schwer hat. Wegen dem fehlenden Sohnemann und Corona. Heiko, der daher fragt, ob ich für das Geld, was eigentlich nur für 1,5 Stunden reicht, nicht auch für 2 Stunden bleiben kann. „Mal sehen, ob ich so lange schaffen. Aber ich gucke ja nie auf die Uhr“, sage ich dann immer, um den Kunden nicht zu verlieren. Zumindest, wenn es sonst recht unkompliziert ist. Und damit meine ich sicher.

Die 1,5 Stunden mit Heiko sind jedenfalls fast vorbei, ich liege schweißgebadet auf dem Bett. Heiko will gar nicht so viel. Hauptsächlich Handarbeit. Er bei mir. Beobachten und Toys verwenden. Mehr war nie abgemacht. Mehr kann er ja auch woanders bekommen. Schließlich hält Heiko sich für einen verdammt tollen Hengst. Warum da nicht mehr Frauen anspringen, fragt er sich, als er mir von seinen jüngsten Joyclub Erlebnissen erzählt. Weil du gar nicht so toll bist, wie du denkst, Heiko.

Und daher fragt er mich auch, ob ich sonst eigentlich auf Frauen stehen. Schließlich versuche ich keine Annäherungen bei ihm. Das hat mehrere Gründe:

1. war es nicht abgesprochen.

2. hat er nie danach gefragt bzw. es war nicht abgesprochen.

3. Heiko hat furchtbaren Mundgeruch und ist auch wirklich nicht der tollste oder Schönste.

Aber so weit kann Heiko nicht denken. Er hält sich schließlich für verdammt toll. Und die einzige Erklärung, warum sie bzw. ich nicht ununterbrochen nach seinem Schwanz greife, kann ja nur sein: Die steht gar nicht auf Männer. Die mag nur Frauen!

Ich stimme zu. Ja Heiko, du hast Recht. Ich verabschiede mich nach 1,5 Stunden. Heiko hat mich geschafft und ich kann keinen weiteren Orgasmus erleben bzw. vortäuschen. Ich lasse ihn im Wohnzimmer zurück, wo er sich weiterhin bemitleidet, über seinen Sohnemann erzählt und verlasse sein Haus. Für immer.

Heiko ist kein Kunde, den ich noch einmal treffen will.

Vergiss es

„Hallo, ich würde dich wirklich gerne treffen. Will das unbedingt mal ausprobieren. Mit meiner Freundin geht das nicht. Es würde aber nur heute Abend gehen, weil ich ab morgen im Ausland arbeite.“

„Klar. Wenn du ein Hotel in meiner Stadt im Zentrum buchst, dann ist das heute noch möglich.“

„Cool. Ab wann kannst du?“

„Ab 17 Uhr.“

„Dann schau ich mal nach einem Hotel … ist Hotel xy in Ordnung?“

„Das liegt nicht mehr im Zentrum.“

„Und das hier?“

„Ja, das passt.“

„Okay. Dann buche ich das jetzt. Treffen wir uns dann dort um 17 Uhr?“

„Ja, okay.“

„Wie treffen wir uns?“

„Was meinst du mit wie? Du buchst jetzt das Hotel und schickst mir die Buchungsbestätigung. Dann telefonieren wir. Dann checkst du vor 17 Uhr ein und schickst mir ein Foto von der Schlüsselkarte mit erkennbarer Nummer. Dann stehe ich um 17 Uhr vor der Hotelzimmertür, hinter der du auf mich wartest.“

„Ok. Dann buch ich jetzt.“

10 Minuten später.

„Vergiss es. Ist mir zu kompliziert.“

 

Und wieder mal einen Fakedater auf frischer Tat ertappt.

Ich weiß auch nicht …

Es gibt da diese Kunden, die total abgebrüht sind und sich bereits das 100. Escort nach Hause bestellt haben. Die wissen, was sie wollen, auf Details achten und darauf, dass sie am Ende genau das bekommen, was sie „bestellt“ haben. Solche Kunden können anstrengend sein. Vor allem, weil sie einen einfach nur wie ein lebendiges Sexspielzeug behandeln.

Aber solche Kunden können auch total einfach sein, vor allem weil man meist früher fertig ist, als geplant. Vor allem aber auch, wenn man wie ich, keine 30 Minuten Termine macht und der Mann immer den vollen Preis für eine Stunden zahlen muss.

Und vor allem auch dann, wenn man sie mit absoluten Neulingen vergleicht, die, verständlicherweise, total nervös sind und nicht wissen, was sie machen sollen.

Wie zum Beispiel Thorben.

Thorben ist Mitte 20 und hat eines abends durch das Internet gestöbert und dann meine Anzeige entdeckt. Wahrscheinlich guckt er regelmäßig vorbei, hatte aber nie Lust auf das Standard-Programm von Jaqueline, Roxana oder wie die Escorts sich hier auf dem Dorf alle so nennen. Einen auf billiges Blondchen machen, kommt hier gut an. Das will der Markt und deswegen passen sie sich an. Ich aber nicht. Ich fahre auch auf dem Dorf die „intelligente Studentin von nebenan“-Schiene, die man mit plumpen Einzeilern nicht beeindrucken kann. Das erweckt erstmal große Aufmerksamkeit, weil das etwas Neues ist. Aber viele Dates kommen damit trotzdem nicht Zustande. Was allerdings in erster Linie daran liegt, dass die Männer es nicht schaffen, das zu schreiben, was ich gerne lesen will. Und das sind eigentlich nur die Infos, die ich benötige. Nämlich „Wer? Wo? Wann? Was?“ Klingt eigentlich ganz simpel. Ist es für viele Männer aber trotzdem nicht, weswegen meine Blockier-Liste recht lang ist.

Aber Thorben hat es geschafft. Thorben hat mit klarem Kopf meine Anzeige gelesen und mich mit einer überzeugenden Nachricht angeschrieben. Hat mir direkt einen Termin vorgeschlagen, sich vorgestellt und auch einen Ort genannt und was er gerne machen will. Thorben hat meine Aufmerksamkeit und ich vereinbare ein Telefonat mit ihm.

Und schon am Telefon erkenne ich: Thorben macht das zum ersten Mal. Er ist nervös und hektisch. Er redet viel zu schnell und selbst durch das Telefon kann ich die Anspannung hören. Aber Thorben ist entschlossen. Er will das unbedingt mal machen. Fisting. Und nichts anderes. Kein BJ. Kein Sex. Einfach nur eine neue Erfahrung sammeln. Wie Bungee Jumping oder Fallschirmspringen. Einfach mal etwas von der Liste streichen können und gucken, ob es einem gefällt. Und irgendwie spricht mich das an und ich sage zu.

Da ich am nächsten Tag ab nachmittags verabredet bin, machen wir etwas für den Morgen aus. Morgens um 9.30 Uhr. Er schreibt mir, dass er unterwegs ist, ich schicke ihm die Adresse für den Treffpunkt und dann will er mir schreiben, wenn er da ist. Mein Handy vibriert und ich verlasse das Haus. Er sieht mich von weitem und kommt dann auf mich zugefahren. Ich öffne die Tür und sehen einen durchschnittlich aussehenden Mann Mitte 20 vor mir sitzen.

Ihr wisst schon. Die Art Mann die einfach nur total durchschnittlich ist. Durchschnittlicher Job. Durchschnittliche Wohnung. Durchschnittliche Freunde. Klassischer Alman-Andi halt.

Ich steige ein und spüre seine Aufregung bis auf den Beifahrersitz.

Und jetzt? Wohin muss ich fahren? Ich kenne mich hier überhaupt nicht aus“, sagt er in einem wahnsinnig schnellen, hektischem Tempo.

Ich führe ihn zu einem recht leeren Ort, wo garantiert keine Autos entlangfahren und es auch keine Spaziergänger gibt. Er hält an, macht den Motor aus und guckt mich dann an.

Und jetzt?“, fragt er. Immer erstmal das Finanzielle klären und ohne zu zögern, reicht er mir das Geld.

Ich schnalle mich ab, stelle den Sitz nach vorne und öffne dann die Beifahrertür, um meine Jacke auszuziehen und dann hinten zu gehen.

Er folgt mir. Hat sogar an eine Decke gedacht und setzt sich dann ebenfalls nach hinten.

Und dann guckt er mich wieder fragend an. Er hatte bisher weder Sex im Auto, noch ein bezahltes Treffen. Aber er ist entschlossen und will das jetzt machen. Entschlossen und nervös. Ich sehe, dass seine Hände zittern. Würden meine auch, wenn ich mich gleich viele Meter ins nichts stürzen würde.

Ich sehe ein, dass ich das jetzt wohl in die Hand nehmen muss und ziehe mich so weit aus, wie es nötig ist. Ich spreize die Beine und lasse ihn beginnen. Stöhne absichtlich laut, mache es mir dabei selber aber irgendwie … irgendwie verzieht er nicht mal eine Miene. Ich weiß nicht, ob er es gut findet oder total langweilig. Es gibt keinerlei Feedback. Aber er will auch nicht aufhören, bis ich ihn endgültig stoppe, weil ich tatsächlich ein paar echte Orgasmen hatte.

Ich frage ihn, ob er auch mal kommen will und sofort stimmt er zu. Aber es klappt nicht. Erst wird er nicht richtig hart und dann versucht er so verbissen zu kommen, dass es natürlich nichts wird. Was ja gar nicht mal so ungewöhnlich ist.

Soll ich weitermachen?“, frage ich ihn.

Ja, wäre ja schon gut, wenn ich auch komme.“

Aber es wird nichts. Er steht einmal kurz davor und dann doch nicht. Er schaut sich die ganze Zeit nervös um, weiß nicht wohin mit seinen Händen und kann nicht wirklich abschalten. Und zum ersten Mal kann ich mit all den Männern mitfühlen, die verbissen versuchen, eine Frau zum Höhepunkt zu bringen, es aber doch nicht ganz klappen will. Weil man eben nicht abschalten kann. Weil man nach 30 Minuten, in dem es bereits versucht wird, auch mal endlich kommen will. Aber das klappt halt nicht auf Knopfdruck.

Ich frage „und jetzt?“

Ich weiß auch nicht. Wäre schon gut, wenn ich komme.“

Eine wirkliche Anleitung kann er mir aber nicht geben. Selber machen, funktioniert noch weniger.

Wir lassen es. Er entschuldigt sich, sagt aber gleichzeitig, dass er das gut fand. Also das andere.

Schön. Wenigstens etwas Feedback. Er bringt mich nach Hause und zumindest kann er diese Erfahrung von seiner Liste streichen.

Ich geile mich hier an dir auf

… während meine Frau im Zimmer nebenan schläft.

 

Dieser Satz kommt von Tom. Tom zählt zu meinen „Stammkunden“. In Anführungszeichen deshalb, weil ich ihn eigentlich noch nie getroffen habe. Denn Tom wohnt in der Nähe meiner Heimatstadt, in der ich dank Corona in letzter Zeit nicht mehr allzu oft gewesen bin. Irgendwann hat er meine Anzeige gelesen, als ich dort für längere Zeit gewesen bin und wollte mich treffen. Doch es hat nie geklappt und dann war ich weg. Geschrieben hat er mir trotzdem. Wollte Videos oder schreiben. Oder, dass ich ihm beim masturbieren zugucke.

Tom ist so ein echter Vorstadtdad. So einer von diesen jungen, hippen Dads. Schönes Gesicht, gepflegter Bart, Hornbrille, sportlich durch seine morgendlichen Laufrunden und jahrelanges Fußballtraining. Habt ihr die Serie „Please Like Me“ gesehen? Da ist auch so ein Tom. So ein Tom ist Tom.

Tom schreibt mir immer abends, wenn seine Frau schon ins Bett gegangen ist und er unbeobachtet im Wohnzimmer liegt. Dann gibt er haufenweise Geld aus. Für mich. Für Videos und Chats. Dank Tom konnte ich mir so einige Dinge von meiner Amazon Wunschliste kaufen. Ich tippe mal darauf, dass seine Frau die Dinge nicht mag, die ihm gefallen. Sonst würde er ja nicht mir schreiben.

Ich soll ihm ein Video schicken, wie ich es mir mache. In Detailaufnahmen. Kann er bekommen. Solche Videos verschicke ich oft. Da kann man mich zumindest nicht erkennen. Zumindest, wenn man mich noch nicht nackt gesehen hat.

Tom schreibt „echt geil. Perfekt. Wahnsinn“ Er kommt und legt sein Handy zur Seite. Doch als ich es wieder in die Hand nehme, steht da „ich geile mich hier an dir auf, während meine Frau nebenan schläft.“ Danke Tom. Das wollte ich gar nicht so genau wissen.

Irgendwie ganz kalt

Ich liege noch im Bett als ich zu meinem Handy greife und eine Nachricht sehe. Kurz. Aber mein Codewort, das direkt am Anfang der Nachricht steht, lässt sie mich aufmerksam lesen. Er möchte einen Hausbesuch von mir und das in Anspruch nehmen, was ich anbiete. Nur ich. Zumindest hier im Umkreis. Große Dildos und Fisting. Ich antworte, dass es möglich ist und frage nach einem Wunschtermin von ihm.

Würde heute noch gehen?“

Ich denke an all die Arbeit, die noch vor mir liegt. Andererseits … wieso eigentlich nicht? Ich frage, wo er besuchbar ist und er nennt mir eine Adresse, die knapp 50 m von mir Zuhause entfernt liegt. Noch einmal rufe ich sein Profil auf. Ende 30. Liegt nicht so fern, dass wir uns kennen könnten. Er gibt mir seine Handynummer, damit wir telefonieren können. Ich sehe ein Bild. Aber es kommt mir nicht bekannt vor. Also stimme ich zu. Wir telefonieren und er klingt sympathisch. Wir machen etwas für später aus und besprechen alle Details. Ich freue mich und erledige meine Arbeit, bevor ich dann unter die Dusche verschwinde und mich fertig mache. Ich frage ihn nach seinem Nachnamen, damit ich die richtige Klingel betätige.

Die ist kaputt. Schreib mir einfach, wenn du da bist.“

Riecht nach Ausrede. Ist es sicherlich auch, denn als ich vor dem Haus stehe, sehe ich jemanden, der eine Minute vor mir die Klingel am Haus benutzt und reingeht. Er wollte mir sicherlich nicht seinen Nachnamen verraten. Aus Diskretionsgründen. Normalerweise stimme ich einem Date dann gar nicht erst zu, aber es sind nur 50 m und ich habe Lust. Ich überlege mir, dass ich vorher ja mal am Haus vorbei gehen könnte, um zu gucken, ob der Name vielleicht doch mit dran steht. Aber natürlich bin ich zu faul.

 

Also stehe ich nun hier und schaue auf die Briefkästen. Sein Name fängt mit D an. Und es gibt tatsächlich ein Schild am Briefkasten, auf dem der Kürzel des Vornamens steht. Und das ist ein D. Ich überlege kurz, ob ich den Namen googlen soll, lasse es dann aber doch. Ich bin schließlich nur 50 m von Zuhause weg. Was soll schon passieren? Ich schreibe ihm, dass ich da bin und erstmal kommt keine Antwort. Ich überlege, ob ich anrufen soll, aber dann sehe ich, dass er schreibt.

2. Stock“, steht da und die Tür öffnet sich. Ich gehe durch das enge Treppenhaus und stehe wenig später vor einer offenen Tür. Ich trete ein und er steht vor mir. Er ist nicht viel größer als ich. Ende 30, wie sein Profil gesagt hat und sieht gar nicht mal schlecht aus. Eigentlich sogar ziemlich gut. Würde ich ihn auf tinder sehen, hätte ich ihn nach rechts gewischt.

Er führt mich in seine Wohnung. Sie ist klein und eng. Das Wohnzimmer ist winzig und in der Ecke hängt die Küche dran. Das Bad dagegen ist groß. Sein Schlafzimmer sehe ich nicht, denn wir bleiben im Wohnzimmer, weil er nicht will, dass die Nachbarn uns hören. Die sind nämlich direkt neben dem Schlafzimmer.

 

Er steht vor mir und will direkt anfangen. Ich frage nach dem Bad und dann steht er wieder vor mir. Ich frage nach dem Geld. „Oh natürlich. Sorry.“ Er fragt, ob es okay ist, wenn er sich ein Bier aufmacht. Natürlich. Ich will nur Wasser.
Wir fangen an und er küsst mich. Nur ganz leicht. Zum aufwärmen. Nach nicht mal einer Minute habe ich seinen Schwanz in der Hand, der wahrscheinlich schon von Anfang an hart war. Das hier ist irgendwie anders als sonst. Normalerweise quatsche ich mehr. Bekomme nicht nur ein Glas in die Hand gedrückt, ohne dass mir ein Platz angeboten wird. Aber gut. Wahrscheinlich bin ich hier wieder schnell raus.

Ich blase, wir ficken und dann will er das machen, wofür er mich gebucht hat. Es ist heftig, es ist intensiv und ich komme. Ich fordere eine Pause ein und gucke auf die Uhr. Gerade mal 30 Minuten vorbei. Puh. Die Pause will er nutzen, damit ich weiter blase. Ob er dabei Poppers nehmen kann? Wenn er meint. Er sitzt auf dem Sofa, ich knie vor ihm, während er an der kleinen Flasche riecht. Wie in einem schlechten Film. Ich blase und setze meine Hand ein. „Nicht so schnell, sonst komme ich schon.“ Das war doch mein Ziel. Also mache ich weiter. Langsamer. Und er kommt nicht direkt, aber immerhin ein paar Minuten später. Und dann ist er fertig. Natürlich.

Wow. Wahnsinn. Blabla.“ Sagt er, als ich hoch schaue. Von unten betrachtet, sieht er gar nicht mehr so gut aus. Fast wie ein Ronny. Ihr wisst schon. Diese dreckigen Männer, die irgendwie immer etwas daneben und ungebildet aussehen.

 

Ich stehe auf und gehe ins Bad, um meine Hände zu waschen und mich von all dem Gleitgel zu befreien. Während ich mich anziehe, schaue ich mich um. Es liegen Bücher herum. Lehrbücher neben Bestsellern neben philosophischen Werken. Auf Englisch. Nichts, was ein Ronny verstehen würde. Ich sehe ein Paket und lese den Namen. Ah. Ein Doktor. Okay. Kein Ronny. Er steht vor mir und ist ganz entspannt. Er fängt an zu reden. Betreibt Smalltalk, während ich mich anziehe. Er wird etwas sympathischer. Trotzdem ist das hier alles irgendwie sehr kalt. Ich bin fertig und verabschiede mich. Nach genau einer Stunde bin ich wieder raus und denke noch einmal an den Namen. Ich habe den doch schon irgendwo mal gehört.

Ich fange an zu googlen und zu verstehen, warum er mir den nicht nennen wollte. Man findet alles über ihn. Wo er studiert hat, welche Auszeichnungen er für was bekommen hat. Wie toll und erfolgreich er ist usw.

 

Und dann fällt es mir wieder ein. Der Nicht-Ronny ist der ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiter im Institut einer Freundin. Der Nicht-Ronny ist der Kerl, auf den sie seit Jahren steht. Das Wort „verliebt“ ist letztens sogar gefallen, als sie mir erzählt hat, dass er jetzt wieder da ist. Der Nicht-Ronny ist der charmante, gut aussehende Überflieger und ihr heimlicher Traummann.

Puh … okay.

Ich vermisse es

Ich vermisse es, morgens mein Handy in die Hand zu nehmen und mir Anfragen für den Tag durchzulesen. Mir vorzustellen, wer der Mann am anderen Ende ist und was mit ihm passieren könnte.

Ich vermisse die Telefonate, um alle Details zu besprechen.

Ich vermisse es, mich fertig zu machen, mir etwas Hübsches anzuziehen und mich zu schminken.

Ich vermisse es, mir ein Taxi zu rufen und ins Hotel fahren zu lassen.

Ich vermisse es, durch die Hotellobby zu huschen, vorbei an den neugierigen und gierigen Blicken der Geschäftsmänner.

Ich vermisse es, vor der richtigen Zimmertür zu stehen, zu klopfen und auf die Geräusche im Inneren zu achten.

Ich vermisse es, wie mein Herz klopft, wenn die Tür langsam aufgeht.

Ich vermisse es, wie der Mann vor mir erleichtert ausatmet, wenn er mich sieht, weil ich nicht „so eine“ bin, sondern das nette, hübsche Mädchen von nebenan.

Ich vermisse es, wie ich erleichtert ausatme, wenn er mir ohne zu zögern, das Geld überreicht und wir anfangen können.
Ja, ich vermisse es wirklich!

im Postfach 1

Er: „Hallo. Hast du jetzt Zeit?“

Ich: „Zeit für was?“

„GV. Sex treffen. 2 Stunden.“

„Wo bist du denn besuchbar?“

„Bonn. Bad Gutesberg“ (Es gibt Bad Godesberg. Aber nicht Gutesberg)

„Oh. Das kenne ich gar nicht. Ist das neu?“

„Nein. Das ist in der Nähe vom Hbf. Kannst du schreiben bei googlemaps“

„Da finde ich das irgendwie nicht.“

„Ich gebe dir meine Adresse.“ Nennt mir lediglich eine Straße, die einmal durch die ganze Stadt führt

„Ach. Bad Godesberg meinst du. Da fahre ich nicht mehr hin.“

„Ich kann kommen zu dir.“

„Ich bin nicht besuchbar. Steht auch in der Anzeige.“

„Dann komm her. Ich bin auch echt nett.“

„Okay. Dann komme ich jetzt zu dir. Bin in 10min. da“

„Bevor du kommst, muss ich noch ein Bild von dir sehen.“

„Oh, zu spät. Ich bin jetzt schon da. Stehe unten. Kannst du aufmachen?“

„Ich bin unten. Sehe niemanden. Wo bist du?“

„Ich bin schon drinnen. Jemand hat mich reingelassen.“

„Ich sehe dich nicht.“

„Mir hat auch jemand Geld gegeben. Das war wohl dein Nachbar. Ich bin jetzt 2 Stunden beschäftigt. Aber du kannst auch einfach rüberkommen und mitmachen.“

„Wo seid ihr? Welche Hausnummer?“

„Direkt nebenan. Klingel einfach“

„Wo? Ich habe dir nicht meine Hausnummer gegeben“

 

 

Und von solchen „Perlen“ hat man dann jeden Tag ca. 10 im Postfach …